Technik und Werkzeug: Die standfeste Holzleiter gehört dazu. Sie sorgt für besseren Halt, schont den Baum und auch die Hände der Baumpfleger.

In gewohnt überzeugender Manier stellte Helmut Ritter zunächst das Grundprinzip dieser Technik vor, das seit bereits über 70 Jahren unverändert lautet: "Wenig Äste, viel Licht, viel Zucker". Im Gegensatz dazu, was leider auch heute noch oft vorherrscht: "Viel Holz, viel Obst" mit einem Baumaufbau, dem Licht und Sonne fehlen, von der Qualität der hier vorhandenen Schattenfrüchte ganz abgesehen.
Anhand seiner Schautafeln, den mitgebrachten Astpartien und einem Pflanzbaum erläuterte er die notwendigen Schritte, die bei ‚Oeschberg' ständig wiederkehren und seit der Entwicklung dieser Schnitttechnik durch Hans Spreng Bestand haben. In nachfolgender Zeit auch in bestimmten Abschnitten von Helmut Palmer ergänzt und optimiert.

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Praxis: Erläuterung der Schnitt-Technik anhand mitgebrachter Astpartien

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Theorie: Kronenaufbau mit Astgerüst und Fruchtholz

Beim Kronenaufbau unterscheidet man dabei stets zwischen Astgerüst und Fruchtholz, die zeitlebens räumlich streng zu trennen sind. Zum Astgerüst der tragenden Teile gehört die Stammverlängerung (Mitte), die daran 3, besser 4 höhenmäßig versetzt angeordneten Leitäste und die daran und an der Mitte angehängten, jeweils 3 begleitende Fruchtäste. Um das Astgerüst stabil zu halten, werden vorgenannte Kronenteile jährlich angeschnitten. Alle anderen Triebe laufen unter Fruchtholz, das nicht angeschnitten wird und das im Turnus von 4 - 5 Jahren ausgewechselt und so erneuert wird.

Oft wird selbst von Baumschnittkundigen Bedeutung und Funktion der begleitenden Fruchtäste verkannt. Bei stabil steil stehenden Leitästen sind gerade sie es, die den Baum in die Breite bringen und damit sein Höhenwachstum schwächen. Sie erhöhen die Ertragsfläche durch Qualitätsfrüchte, weil Licht und Sonne von oben her über die reichlich vorhandenen Schneisen bis zum unterst angeordneten Fruchtholz gelangen.

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Schnittdemonstration an einer Bayrischen Weinbirne

Helmut Ritter vollzog diese Technik mit ständigen Erklärungen und der Beantwortung von Fragen zunächst anschaulich an einer 11-jährigen Bayerischen Weinbirne, bevor er sich dann einem etwa 20-jährigen Gehrers Rambur, einer reinen Mostapfelsorte, zuwandte. Beispielhaft zeigte er, wie man einen durch ständiges Ableiten einen zu flach geratenen Leitast sanieren kann - mit einer Technik, die von Helmut Palmer stammt und in die heutige Baumschnittliteratur übernommen ist. Gerade ständig vollzogenes Ableiten muss als Krankheit bezeichnet werden, aus der viele keinen Weg mehr finden. Den Abschluss bildete dann der Schnitt eines Börtlinger Weinapfels.

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Zu flach geratener Leitast des Gehrers Rambur vor und nach seiner Sanierung. Ein in Richtung gebundener wilder Alarmtrieb soll in Zukunft die neue Leitastverlängerung sein.

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Gesamtansicht: Der Börtlinger Weinapfel nach dem Schnitt. An ihm erkennt man alle Elemente der Oeschberg-Baumschnitttechnik, die alle bei seinem Schnitt herausgearbeitet wurden.

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Rudolf Thaler bedankte sich danach bei den Anwesenden für das gezeigte Interesse und ihr Kommen. Da noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, ermunterte er die Sache umzusetzen, weil sie sich lohnen und man mit ihr Spass, Freude und Erfolg finden würde. Entsprechende Baumbeispiele würden das beweisen. Was viele auch nicht wissen wollten sei, dass selbst ein Baumschnittkundiger zeitlebens an seiner Technik arbeiten müsse, weil die Natur da viele Überraschungen bereit halte und man niemals ausgelernt habe.

Großer Dank und reichlicher Beifall galten Helmut Ritter, der, fachlich exzellent wieder einmal den Kurs geleitet hatte.